Herbsttagung der Büchereileiterinnen des Michaelsbundes – Referat über „Erzählcafé“
Artikel aus der Donaupost vom 24.11.2017, von Fr. Seidl
Donaustauf. (ams) Bei ihrer Herbsttagung im Bürgerhaus haben die Büchereileiterinnen des Michaelsbundes, die aus der gesamten Oberpfalz gekommen waren, für ihre Arbeit vor Ort und auch als Multiplikatoren viel Praktisches erarbeitet und auch erfahren. Der Schwerpunkt der Jahrestagung war traditionell die Organisation und Durchführung von bibliotheksbezogenen Fortbildungsmaßnahmen. Die Tagung, die üblicherweise im Diözesanzentrum in Regensburg stattfindet, war in diesem Jahr wegen der Neugestaltung der Donaustaufer Bücherei nach Donaustauf verlegt worden. Zunächst wurden die Teilnehmer von Büchereileiterin Waltraud Hintermeier im Bürgerhaus begrüßt, wo der erste Teil der Fortbildung stattfand.
Die Bücherei als Garant für den freien Zugang zu Wissen und Information, versorgt die Nutzer mit Literatur und Informationen und fördert so seit jeher Lese-, Informations- aber auch Medienkompetenz, leistet so einen grundlegenden Beitrag zur Bildung. Zunehmend sollen sie nun auch zu einem zentralen Ort der Begegnung, in dem Autorenlesungen, Vorträge, Bilder-Ausstellungen, Veranstaltungen Jubiläen, Seniorenarbeit, Bücherbasare, Vorlesetage und Erzähltage angeboten werden.
Das didaktische Thema des Vormittags war das „Erzählcafé“. Was man sich darunter vorzustellen hat, haben die Teilnehmer durch eine Einführung des Referenten Claus Lehner vom Christlichen Bildungswerk Landshut erfahren. Weil Büchereien nicht nur zum Bücher ausleihen da sind, sondern zunehmend Orte der Begegnung werden, kann man zum Beispiel Gäste zu einem „Erzählcafé“ einladen, bei dem man zu Beginn jemanden über bestimmte Erlebnisse zu einem vorher festgelegten Thema erzählen lässt. Vom Moderator wird es abhängen, wie viele Informationen er dem Erzähler entlocken kann.
In einer Gruppenarbeit, genannt „Wanderzirkus“, konnten die Teilnehmer auf Plakaten Themenvorschläge erarbeiten, die zusammen ausgewertet wurden. Dabei bot der Moderator zu den möglichen Themen wie gute, alte Zeit, Strom und Telefon, erstes Auto, Tankstelle früher, erstes Lieblingsbuch und Schulzeit, auch gleich Tipps zur Durchführung an. So sei ein interessanter Titel genauso wichtig wie eine gute Vorbereitung der Veranstaltung. Im Team könne man dazu ein Brainstorming vornehmen, Vorgespräche mit den Erzählern führen. In den Räumen eine angenehme Atmosphäre zu schaffen sei hilfreich, auch formale Dinge wie Honorar und Technische Hilfen seien zu klären, so Lehner. Als mögliche Kooperationspartner nannte er örtliche Vereine, Frauenbund, Seniorenbeauftragte, Erwachsenenbildung, Schulen, Pfarrei und Pfarrer, Bürgermeister und Kommune.
Zum Stichwort „Jetzt mach ma’s“ bot er den Teilnehmern zwei praktische Beispiele zum Thema „Kommunion“ an, zu dem er Sigrid Platzek, Geburtsjahrgang 1942, und die zehnjährige Hannah Klinger Besonderheiten zu Bräuchen, Durchführung des Gottesdienstes, das ganze Drumherum mit Kleidung, Gästen, Geschenken sowie dem ganzen organisatorischen Aufwand im Vergleich von früher und heute zu entlocken. So berichtete Platzek, wie viel einfacher die Feier in ihrer Kindheit im Vergleich zu heute war: „Der ganze Aufwand von heute ist mir fremd.“ Die Besonderheit war natürlich die Erzählerin Hannah, die sich traute, vor so vielen Erwachsenen ihre Eindrücke wiederzugeben. Sie berichtete detailliert von der Vorbereitung, vom Gottesdienst und dem Festtag selbst: „Das Schönste war für mich die Feier mit der ganzen Familie“.
Lehner verstand es, die Erzählungen der beiden zu verknüpfen, dabei immer im Hintergrund die Hinweise und Ausführungstipps für die Teilnehmer. Er informierte darüber, dass der „Schutzraum“ des Erzählers ebenso wichtig sei wie die anschließenden Gespräche der Zuhörer am Tisch. So gab es eine Fülle an Anregungen, mit denen die Teilnehmer für ihr Vorhaben gut gerüstet seien. Die Büchereibeauftragte Ursula Pusch gab den Hinweis, erstmal klein anzufangen, mit kleineren Gruppen Erfahrungen zu sammeln, bevor man eine Riesenveranstaltung plane.
Bürgermeister Sommer begrüßte die Anwesenden und bewunderte das hohe Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration, als er sich kurz vor dem Mittagessen dazugesellte. Er freue sich, dass alles in Ordnung sei, dankte Hintermeier für die Organisation vor Ort und wünschte gute Resultate.
Am Nachmittag in der Bücherei beim Thema „Wir möbeln unsere Bücherei auf“ konnten Ursula Pusch und Michael Sanetra, der Leiter der Landesfachstelle des Sankt Michaelsbundes die Aufwertung von Büchereien zu einem Ort der Begegnung erläutern und am konkreten Beispiel aufzeigen und demonstrieren, wie mit besonderen Ideen und viel persönlichem Einsatz eine außerschulische Bildungs- und Kultureinrichtung und damit ein moderner Ort der Begegnung für viele Möglichkeiten geschaffen werden kann. Die Forderung nach mehr Förderung untermauerte Sanetra durch einige beeindruckende Zahlenspielereien. So sind Erhebungen zufolge die öffentlichen Bibliotheken in Bayern mit 25 Millionen Besuchern im Jahr 2016 die meistbesuchten kulturellen Einrichtungen im Freistaat.
Sanetra sieht darin eine Herausforderung. Büchereien als Bildungseinrichtungen und Frequenzbringer müssten in den Köpfen von Politikern jeglicher Fachgebiete, von Städteplanern und Architekten, von Leerstandsinitiativen und diversen überregionalen Arbeitskreisen zum Thema gemacht werden! Bibliotheksbilder in den Köpfen der Akteure müssen aktualisiert werden. Mehr Unterstützung für die Büchereien muss möglich werden.
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